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Ein Reich - aus viel Blut, Eisen, Intrige und Bestechung

Wenn wir das gewußt hätten! - Teil-3

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Autor: bib   
Eine Reichsgründung "von oben" war ab 1862 das politische Ziel des neuen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Seine Vision war die Einheit aller deutschen Kaisertümer und Königreiche sowie Herzog- und Fürstentümer unter preußischer Vorherrschaft in einem neuen Nationalstaat – das „Deutsche Reich“. Bismarcks Machtstreben verwirklichte sich 1871 nach einer Reihe von Kriegen – unter "Blut und Eisen", wie er es selbst definierte. Die faktisch entscheidenden Anteile dazu hatten die Erfindung des preußischen Zündnadelgewehrs (Hinterlader), eine neuartige Artillerie aus der Waffenschmiede Krupp und diplomatische Intrigen sowie Bestechungen durch Bismarck. Die Weichen zu den Ereignissen von 1866, bis hin zur Proklamation eines deutschen Kaisers 1871, wurden allerdings schon ein halbes Jahrhundert davor gestellt.

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Wiener Kongress 1814/1815 Kongressakte vom 9.Juni 1815

Deutscher Bund 1815-1866

Bundesakte 1815
lwl.org: Bundesakte von 1815 (PDF)
Der Weg zum ersten deutschen Nationalstaat
führte über Wien
Anfang des 19. Jahrhunderts siegten die militärischen Koalitionspartner Großbritannien, Russland, Preußen, Schweden, Österreich und zahlreiche deutsche Kleinstaaten über Frankreich und beendeten somit die Herrschaft Napoleon Bonapartes. Nach diesen sogenannten Koalitionskriegen wurden auf dem Wiener Kongress 1814/1815, unter Vorsitz des im österreichischen Dienst stehenden Fürst Metternich, die Grenzen Europas neu geordnet.

Die alten konservativen, rückwärtsgewandten und von der Französischen Revolution erschrockenen europäischen Monarchien hatten sich in Wien zum Ziel gesetzt, jene Verhältnisse wiederherzustellen, die Europa vor der ersten Französischen Revolution von 1792 geprägt hatten. Diese Restauration sollte unter anderem die Wiederherstellung der Bourbonenmonarchie in Frankreich zur Folge haben. Mit einer Pentarchie, also eine Fünferherrschaft - heute würde man dazu G5 sagen - bestehend aus den monarchischen Siegermächten Großbritannien, Russland, Österreich und Preußen sowie dem Kriegsverlierer Frankreich sollte dafür gesorgt werden, künftige Kriege zwischen diesen Großmächten zu verhindern. Zu diesem Zweck gingen Österreich, Russland. und Preußen zusätzlich die sogenannte „Heilige Allianz“ ein. Damit sollte das monarchische Prinzip gegenüber Frankreich durchgesetzt werden, dem die Verhandler in Wien trotz der Verbannung Napoleon Bonapartes noch immer revolutionäre Tendenzen zutrauten.

Weitere Ergebnisse des Wiener Kongresses waren neben der internationalen Anerkennung der Schweizer Neutralität, die Gründung des „Deutschen Bundes“ als ein politisches Bündnis zur Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit der deutschsprachigen Monarchien und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten und freien Städte. Am 8. Juni 1815 während des Wiener Kongresses wurde mit der deutschen Bundesakte ein völkerrechtlicher Vertrag, sozusagen das erste Bundes-„Verfassungsgesetz“, über die Gründung des „Deutschen Bundes“ verabschiedet und am 10. Juni 1815 von den Bevollmächtigten von 39 deutschen Staaten unterzeichnet. Als Ganzes war dieser Bund somit nach außen durch ein Bundesheer aus Kontingenten der Mitgliedstaaten verteidigungsfähig.

Die Karlsbader Beschlüsse (1819)
Die Fakten der Karlsbader-Beschlüsse in fünf Minuten.
Das innenpolitische Ziel dieses feudalen Bundes war jedoch auf Reaktion ausgerichtet. Aus purer Existenzangst des Adels und der damit verbundenen Revolutionsangst heraus wurde versucht, die Fortführung der Französischen Revolution und die Übernahme ihrer Ideen (code civil, Parlamentarismus, Grundrechte und Verfassung, Republik usw.) im Keim zu ersticken. So sollte eine plebiszitär-demokratische Republik in den deutschen Ländern verhindert werden. Dieses Vorhaben wurde im Geheimen mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 vollendet, in dem der „Deutsche Bund“ als ein feudaler Überwachungs- und Polizeistaat eingerichtet wurde. Insoweit hatten die deutschen Fürstenhäuser und freien Städte die Machiavellieschen Methoden Napoleons durchaus übernommen.

Habsburger Monarchie - Fürst Metternich - Ein System
Mit dem Sturz von Napoleon Bonaparte stellte der Habsburger Staatskanzler, Klemenz von Metternich, auf dem Wiener Kongress die alte feudale Ordnung in Europa wieder her. Metternichs reaktionäre Politik sicherte Europa zwar einen über 40 jährigen Frieden, dieser beruhte jedoch auf Unterdrückung sowie Unfreiheit der Bevölkerung und mündete somit in die deutschen Revolutionen von 1848.

Biedermeier Der Sonntagsspaziergang (1841) von Carl Spitzweg, einem typischen Vertreter der Biedermeier-Epoche. Als Biedermeier wird die Zeitspanne von 1815 (Wiener Kongress) bis 1848 (Beginn der bürgerlichen Revolution) in den Ländern des Deutschen Bundes bezeichnet.

Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849 Die Verfassung vom 28. März 1849, auch Frankfurter Reichsverfassung (FRV) oder Paulskirchenverfassung genannt, war die erste Verfassung für einen geeinten deutschen Bundesstaat. Diese Verfassung trat mit seiner Verkündung in Kraft. Allerdings konnte sie keine Wirksamkeit entfalten, weil sich die meisten deutschen Monarchien darüber militärisch hinwegsetzten. Historisch gesehen ist diese erste deutsche Verfassung jedoch die einzig gültige, weil nur diese vom Volk als Souverän legitimiert war.
Vormärz - Epoche des Biedermeier
Eine bedeutende politische Rolle spielte Fürst Metternich, ein gebürtiger Rheinländer, der im Dienst des österreichischen Kaisers stand. Er setzte die sogenannten Karlsbader Beschlüsse von 1819 durch, die eine starke Einschränkung jeglicher politischer Betätigung der Untertanen bedeuteten. Es wurde eine strenge Zensur für alle Veröffentlichungen eingeführt. Literaten wie Heinrich Heine und Georg Büchner emigrierten, ebenso Karl Marx. Diese Unterdrückung und Überwachung der Volksgesinnung ging auf Dauer nicht gut und mündete in die Revolution von März 1848, was dieser Epoche auch die geschichtliche Bezeichnung „Vormärz“ einbrachte.

Andererseits entstand in dieser Zeit eine neue Kultur und Kunst des Bürgertums (z.B. in der Hausmusik, der Innenarchitektur und auch in der Kleidermode) – die Epoche des Biedermeier. Als typisch für diese Ära gilt die Flucht ins Idyll und ins Private. Biederkeit, Kleingeist und eine unpolitische Haltung großer Teile des Bürgertums bestimmen die Biedermeier-Epoche. Den meisten Untertanen fehlte schlicht der Mut gegen die Obrigkeit aufzubegehren. Eine kollektive Feigheit gepaart mit politischer Unmündigkeit.

Bei den Intellektuellen hingegen führte die politische Lage zu Unmut. Die bürgerliche Opposition, die sich mit der Kleinstaaterei und dem Feudalismus nicht mehr abfinden wollte, begann mit der Französischen Julirevolution ab 1830 erneut Rechte zu fordern (Hambacher Fest 1832). Dies mündete 1848 in die bürgerliche Revolution (Märzrevolution) und der Paulskirchenverfassung von 1849. Diese Verfassung sah vor, dass Deutschland eine bundesstaatlich organisierte konstitutionelle Erbmonarchie werden sollte. Die Dynastie beziehungsweise der Regent dieser Erbmonarchie sollte jedoch durch eine demokratische Abstimmung gewählt werden. Am Tag der Verkündung der Paulskirchenverfassung wählte die Nationalversammlung den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zum Kaiser der Deutschen. Allerdings scheiterte diese Verfassung im Wesentlichen darin, weil der preußische König der Meinung war, nur Gott und keine revolutionäre Nationalversammlung könne ihm eine Krone anbieten, die er als Hohenzoller annehmen könnte.

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Die anschließende Verfassungskampagne und die revolutionären Aufstände in Südwestdeutschland und Sachsen, die die deutschen Fürsten doch noch zur Annahme der Verfassung zwingen sollten, wurden im Sommer 1849 militärisch niedergeschlagen. Da die Verfassung rechtlich in Kraft getreten war, handelte es sich hierbei im Ergebnis um einen Militärputsch der alten feudalen Machthaber, auch wenn dies gegenüber der damaligen Öffentlichkeit geschickt als rechtlich legitime Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dargestellt wurde. In jedem Fall war damit das Verfassungswerk des Paulskirchenparlaments politisch endgültig gescheitert.


Die Reaktionärsära von 1849 bis 1858
Der neue „Deutsche Bund“ im Kleid eines Überwachungs- und Polizeistaates
Relativ rasch nach dem Ende der Deutschen Nationalversammlung von 1848/1849 entstanden auf österreichische Initiative hin der Deutsche Bund und der Bundestag in Frankfurt neu. Ein Aspekt dieser Politik war die Rückgängigmachung der Ergebnisse der Revolution.

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Reaktionsära 1848 - 1858 Sitzungssaal für den Engeren Rat des Bundestag des Deutschen Bundes (Frankfurt a.M.)
So hat die Bundesversammlung am 23. August 1851 die Grundrechte der Deutschen Nationalversammlung – die für alle Bundesstaaten geltendes Recht geworden waren – wieder aufgehoben. Mit dem später so genannten „Bundesreaktionsbeschluss“ wurde der damalige Bundestag faktisch zur obersten Überwachungsbehörde über die revolutionären Verfassungen der jeweiligen Einzelstaaten des Deutschen Bundes. Als „revolutionär“ galten vor allem der Verfassungseid der Armee (anstelle eines Treueschwurs auf den jeweiligen Monarchen), das demokratische Wahlrecht (allgemein, gleich und geheim), ein umfassendes Budgetrecht der Landesparlamente, ein Vereinsrecht, das die Gründung und Existenz politischer Parteien ermöglichte, sowie die Garantie der Pressefreiheit im Presserecht der Länder.

Geheimer Polizeiverein Karikatur zur Niederschlagung der Revolution, mit Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (CC by Ws-KuLa)
Als äußerst wirkungsvoll gegen die revolutionären Ideen und ihre Anhänger erwies sich ein 1851 gebildeter Polizeiverein zum gegenseitigen Nachrichtenaustausch. Dieser basierte auf der Zusammenarbeit der Polizeibehörden Preußens, Österreichs, Hannovers und Sachsens, denen sich nach und nach die meisten anderen Bundesstaaten anschlossen. Dieser Polizeiverein agierte ohne formale Rechtsgrundlage und vollzog seine Zusammenarbeit auf eine völlig form- und geräuschlose Weise, ganz nach dem Unterdrückungsprinzip von Niccolò Machiavelli.

Die Kommissare der einzelnen Polizeibehörden aus den Mitgliedsländern trafen sich regelmäßig bis ins Jahr 1866 hinein zum Nachrichtenaustausch. Diese Zusammenarbeit war die zentrale Ursache für den Erfolg dieser aristokratischen Konterrevolution nach 1849. Die oppositionelle Presse, egal ob demokratisch-republikanisch oder sozialistisch, wurde verboten. Ansätze zur Bildung von Parteien wurden völlig abgeschnitten. Das sich während der Revolution von 1848/1849 abzeichnende Parteiensystem war somit zerschlagen.

In den Hochburgen des politischen Exils, wie etwa in New York, Paris, Brüssel oder London gab es eigene Agenten. Diese überwachten nicht nur die Exilanten aus Deutschland, sondern ebenso die Köpfe dortiger Revolutionsparteien. Dazu zählten u.a. Giuseppe Mazzini, Victor Hugo, Louis Blanc, Carl Vogt, Arnold Ruge oder Gottfried Kinkel. Einer der Akteure der Frankfurter Nationalversammlung von 1848/1849, der liberale Leipziger Politiker Karl Biedermann, beschrieb diese Überwachungsstaatlichen Vorgänge dieser Zeit in einem späteren Rückblick mit den Worten: „Das Unrecht hatte jede Scham verloren.“

Ein Habsburger Kaiser dultet keinen Kaiser neben sich
Nach der gescheiterten Revolution von 1848 wird der junge Kaiser Franz Joseph zum Hoffnungsträger der Konservativen. Er führt Krieg gegen Ungarn, Italien und gegen Preußen. Bei diesem innerdeutschen Krieg erleidet Österreich schwere Niederlagen, was letztendlich zum Zerfall des Deutschen Bundes führte. Damit wandelt sich 1867 das Habsburgerreich zur Kaiserlich Königlichen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn.

Otto von Bismarck
Otto von Bismarck, um 1862
(Bundesarchiv, Bild 183-R15449 / CC-BY-SA)

Das preußische Zündnadelgewehr
Kriegsentscheidend während der Schlacht bei Königgrätz war das Zündnadelgewehr, der erste gut funktionierende Hinterlader. Weil diese Waffe sich im Liegen nachladen ließ, konnten die preußischen Soldaten aus ihrer Deckung heraus drei mal so schnell feuern als die Österreicher mit ihren Vorderladergewehren. Dieser Umstand kostete innerhalb einer halben Stunde tausenden österreichischen Soldaten das Leben und führte zur Kapitulation Österreichs.

Norddeutscher Bund 1866-1871
Der Norddeutsche Bund wurde als der erste föderativ organisierte deutsche Staat zur geschichtlichen Vorstufe der mit der Reichsgründung verwirklichten deutschen Nationalstaatsbildung. Der ursprünglich 1866 als Militärbündnis unter preußischer Führung angelegte Bund der deutschen Staaten nördlich der Mainlinie wandelte sich mit der Verfassungsgebung am 1. Juli 1867 zum ersten deutschen Bundesstaat.

Deutscher Zollverein 1834-1919
Der Deutsche Zollverein war ein Zusammenschluss von Staaten des Deutschen Bundes für den Bereich der Zoll- und Handelspolitik. Der Zollverein trat durch den am 22. März 1833 unterzeichneten Zollvereinigungsvertrag am 1. Januar 1834 in Kraft. Mit der Reichsverfassung von 1871 wurde das deutsche Kaiserreich zu einem einheitlichen Zoll- und Handelsgebiet, wenngleich Hamburg und Bremen bis 1888 als Freihäfen zunächst noch außerhalb des Zollgebietes blieben. Die durch Zollvereinsverträge bedingte Zugehörigkeit Luxemburgs zum deutschen Zollgebiet, wurde erst 1919 durch den Versailler Vertrag beendet.
Das Kaisertum Österreich und das Königreich Preußen streiten um die Vorherschafft im "Deutschen Bund"
Doch spitzte sich der Gegensatz zwischen der Habsburger Monarchie Österreichs und den Hohenzollern Preußens bereits ab 1850 wieder zu. Dieser Machtkonflikt bekam außerdem durch eine Erklärung Russlands zu Gunsten Österreichs eine internationale Dimension. Mit der „Erfurter Union“ versuchte das Könighaus Preußen 1849/1850 einen deutschen Nationalstaat in Form einer „kleindeutschen Lösung“ (ohne Österreich) und nach preußisch-feudalen Gusto zu errichten. Ein Verfassungsentwurf basierte auf einer Kopie der Frankfurter Reichsverfassung, die aber im konservativen Sinne abgeändert war. Mit der Herbstkrise 1850 musste Preußen auf österreichisch-russischen Druck seine Unionspolitik endgültig aufgeben. Damit wurde ein offener Konflikt zwischen Österreich und Preußen zumindest für eine Dekade verhindert. Der Deutsche Bund, der durch die Märzrevolution 1848 aufgelöst war, wurde in alter Form, wie auf dem Wiener Kongress von 1814/1815 beschlossen, im Sommer 1851 reaktiviert.

Mit der Ernennung Bismarcks zum Preußischen Ministerpräsidenten 1862 spitzt sich der Konflikt über die Vorherrschaft im Deutschen Bund erneut zu, bis er letztendlich mit der preußischen Besetzung der Länder Schleswig und Holstein 1866 eskaliert. Die Politik Bismarcks war auf eine militärische Konfrontation mit Österreich ausgerichtet, um die Österreichische Vorherrschaft zu brechen und eine Entscheidung über einen deutschen Nationalstaat zu erreichen. Nach Vorstellung Bismarcks konnte das nur mit Krieg und nicht mit Parlamenten durchgesetzt werden. So kam es letztendlich zum deutsch-deutschen Bruderkrieg 1866, welcher im wesentlichen durch eine neue militärische Taktik (getrennter Aufmarsch) und der technischen Errungenschaft des preußischen Zündnadelgewehres für Preußen entschieden wurde. In der Folge kam es zur entgültigen Auflösung des Deutschen Bundes und zur Errichtung des Norddeutschen Bundes und der kaiserlich & königlichen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn im Jahr 1867.

Der Norddeutsche Bund, vorerst konzipiert als Militärbündnis und mit der Verfassung von 1867 als erster kleindeutscher Nationalstaat, schloss bis auf Österreich, Bayern, Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt, Liechtenstein und Luxemburg alle ehemaligen Mitglieder des Deutschen Bundes nördlich des Main ein. Zwar ging Bismarck durch den Sieg im Deutschen Krieg gegen Österreich politisch gestärkt hervor, jedoch war nach der Auflösung des Deutschen Bundes klar, dass ein gesamtdeutscher Nationalstaat nur ohne Beteiligung Österreichs möglich war.

In Abkehr von Bismarcks rein funktionalen Verhältnis zum nationalen Gedanken wurde eine gesamtdeutsche Nation nach 1866 für Bismarck als Integrationsfaktor wichtig. Der Norddeutsche Bund erwies sich nicht als der von Bismarck erhoffte Magnet zu einer deutschen Einigkeit. Die Hoffnung, bald auch die süddeutschen Staaten Baden, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt in den Bund aufnehmen zu können, erfüllten sich nicht. In jenen Ländern war der Widerstand gegen das protestantische Preußen bzw. gegen den Bund mit seiner liberalen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu groß. Das zeigte sich deutlich bei der Wahl zum Zollparlament 1868, einem neuen öffentlichen Gremium im deutschen Zollwesen (Deutscher Zollverein) zwischen 1868 und 1870.

So war Bismarck der Überzeugung, dass nur eine äußere Bedrohung die Stimmung der deutschen Königreiche, Fürstenhäuser und Herzogtümer in seinem Sinn verändern könne. Außenpolitisch rechnete er von Seiten Frankreichs mit starkem Widerstand gegen einen gesamtdeutschen Nationalstaat. Diese Vorahnung lies Bismarck eine Intrige einfädeln, auf die Frankreich auch promt herein viel und einen Deutsch-Französischen-Krieg auslöste.


Deutsch Französischer Krieg 1870/1871
1868 war in Spanien die vom französischen Bourbonenhaus abstammende Königin Isabella II. gestürzt worden; womit der spanische Thron vakant war. Nachdem drei Kandidaturen an der interventionistischen Politik des Französischen Kaisers Napoléons III. gescheitert waren, bot Juan Prim, Ministerpräsident der spanischen Übergangsregierung, Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen die spanische Krone an. Zunächst lehnte Leopold ab, doch ersuchte die spanische Regierung Preußen entsprechend auf Leopold einzuwirken. Von Napoléon III. hingegen, wurde ebenso die Kandidatur Leopolds abgelehnt. Frankreich wollte mit Alfons, dem Sohn Isabellas, das Haus Bourbon wieder auf den spanischen Thron bringen.

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Das schwarze Gespenst
Hüben und Drüben. Als ein Mittel, die Völker "militärfromm" zu machen und in ihnen die Steuerzahl-Lust zu erwecken.
Kladderadatsch 20. Juni 1869

Emser Depeche
Durch Verkürzung der Emser Depeche vom 13. Juli 1870 des preußischen Königs an Frankreich, verschärfte Bismarck den Tenor dieser diplomatischen Note. Eine gezielte Provokation gegenüber Frankreich, was dessen Kriegserklärung an Preußen zum Ergebnis hatte.
In diesem Wissen unterstützt Otto von Bismarck, nun Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes, das Angebot des spanischen Thrones und drängt Leopold, die angebotene Krone doch anzunehmen. Parallel hetzt Bismarck mit antifranzösischer Stimmungsmache seine Bevölkerung durch eine Vielzahl populistischer Parlamentsreden und Presseartikel auf. Der Norddeutsche Bund und Frankreich stehen sich nun in aller Schärfe gegenüber. Durch die Hohenzollernkandidatur auf den spanischen Thron befürchtete man in Frankreich, künftig von hohenzollerschen Staaten eingekreist zu werden.

Bismarcks Kriegshetze erzielt in Frankreich die erhoffte feindselige Wirkung
Die Krise schien durch den erneuten Verzicht Prinz Leopold zunächst entschärft. Jedoch wies der preußische König Wilhelm I. das Verlangen Frankreichs zurück, das Haus Hohenzollern solle auch für alle Zukunft auf ähnliche Kandidaturen verzichten. König Wilhelm I informierte Bismarck darüber in der sogenannten Emser Depesche.

Bismarck nutzte die Gelegenheit. Er redigierte die Depesche, indem er durch weglassen wesentlicher inhaltlicher Teile, den Tenor verzerrt und verschärft und die Depesche so an die Presse weitergibt. Napoleon III. wurde damit vor aller Welt brüskiert. Angesichts der Reaktionen in der französischen Öffentlichkeit sah Frankreich keine andere Wahl mehr, als Preußen am 19.07.1870 den Krieg zu erklären. Damit erschien Frankreich, wie von Bismarck beabsichtigt, als Aggressor. Folglich war nun auch in den süddeutschen Staaten die öffentliche Meinung gekippt. Man sah den Bündnisfall als gegeben. Frankreich hatte nicht damit gerechnet, dass die suddeutschen Königreiche Bayern und Württemberg sowie das Großherzogtum Baden sich auf Seite Preußens an dem Krieg beteiligen werden.

Österreich hingegen war durch eine Finanzkrise geschwächt und wurde daneben durch Russland zur Neutralität gedrängt. Russland war zwischen 1853 und 1856 Gegner Frankreichs im Krimkrieg. Großbritannien blieb ebenso neutral und löste sogar die profranzösische Welfenlegion auf. Dies hatte zur Folge, dass nun auch Dänemark kniff, gegen Preußen eine zweite Front im Norden zu eröffnen.

Leichte Feldkanone C/64/67 von Krupp Die preußische 4-Pfünder-Feldkanone C/67, war im Deutsch-Französischen Krieg kriegsentscheidend.
Somit war Frankreich außenpolitisch völlig isoliert. Zudem überschätzte es auch noch seine militärische Stärke. Die deutsche Artillerie, ausgerüstet mit neuartigen stählernen Hinterlader-Geschützen von Alfred Krupp, war militärisch im Vorteil. Mit über vier Kilometer Reichweite besaßen diese Geschütze mehr als die doppelte Reichweite der französischen Geschütze. Dieser Vorzug war maßgeblich in der Schlacht von Sedan am 1. September. Die Gefangennahme des französischen Kaisers Napoléon III. am Tag darauf und die Kapitulation der kaiserlichen Truppen nach der Schlacht von Sedan, war für den Ausgang des Krieges vorentscheidend.

Nach der kaiserlichen Kapitulation wurde in Paris unter dem Druck der Massen am 4. September 1870 die „Dritte Republik“ proklamiert. Die neue französische Regierung der nationalen Verteidigung hielt eine Fortsetzung des Krieges für möglich. Dies und der Guerillakrieg der „Franc-tireurs“ führte zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten. Der preußische Generalstab drängte die Kommandeure zu rücksichtslosem Vorgehen gegen irreguläre französische Truppen. Bismarck äußerte sich im Herbst anerkennend über die bayerische Kavallerie, da diese mit dem „Totschießen“ von Freischärlern „rasch bei der Hand“ sei. Ab dem 19. September wurde die französische Hauptstadt von deutschen Truppen belagert und – noch vor Jahresende – systematisch beschossen.

Ludwig II, der käufliche König Ludwig II verkaufte am 30.11.1870 für 4 Millionen Taler, davon 300.000 zur eigenen Verfügung, die Souverität Bayerns an den Norddeutschen Bund. Für Kanzler Otto von Bismarck, der Ludwig II. bestochen hatte, war ab dann der Weg zum ersten deutschen Nationalstaat frei. Das "Deutsche Reich" wurde eineinhalb Monate später in Paris proklamiert.
Gleichzeitig trieb Bismarck sein Projekt eines deutschen Nationalstaates weiter voran. So bestach er den Bayerischen König Ludwig II., der dem Projekt bis dahin ablehnend gegenüber stand. Ludwig wollte die Kaiserkrone zwischen München und Berlin wandern lassen, was Bismarck wiederum ablehnte. Letztendlich unterschrieb Ludwig II. am 30. November 1870 den von Otto von Bismarck entworfenen sogenannten Kaiserbrief dann doch, mit dem der Preußenkönig gebeten wurde, den Titel eines Deutschen Kaisers anzunehmen. Bismarck sicherte Ludwig II im Gegenzug geheime Geldzahlungen zu, die aus dem Welfenfonds geleistet wurden. Aus der vom Reichstag des Norddeutschen Bundes beschlossenen National-Dotation in Höhe von 4 Millionen Talern wurden Ludwig 300.000 Taler zur Verteilung nach eigener Bestimmung zur Verfügung gestellt, die der Märchenkönig maßgeblich in den Bau von Neuschwanstein investierte. Durch die Bestechung des Bayerischen Königs war für Bismarck der Weg zum „Deutschen Reich“ frei geworden. Am 18. Januar 1871 kam es im okkupierten Spiegelsaal von Versailles zur „Kaiserproklamation“, was eine weitere Demütigung Frankreichs darstellte. Wenige Tage später kapitulierte Paris. Bismarck hatte damit den Höhepunkt seiner politischen Laufbahn erreicht. Ludwig II. beteiligte sich im Gegensatz zu seinem Onkel Luitpold und seinem Bruder Otto nicht an der Kaiserproklamation in Versailles am 18. Januar 1871. Vermutlich plagte den Bayerischen König ein schlechtes Gewissen.

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Das „Deutsche Reich“, der erste und einzige gesamtdeutsche Nationalstaat.
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Proklamation des deutschen Kaiserreiches
im Spiegelsaal zu Schloss Versailles
Gemälde von Anton von Werner

Verfassung des Deutschen Reichs (RV 1871) Als Bismarcksche Reichsverfassung wird die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs vom 16. April 1871 bezeichnet, die ursprünglich als Verfassung des Deutschen Bundes (DBV) vom 1. Januar 1871 in revidierter Fassung aus der 1867 ausgearbeiteten Norddeutschen Bundesverfassung (NBV) hervorging.

Die 25 Bundesglieder des Deutschen Reichs von 1871 Diese sogenanten Bundesglieder waren die Königreiche Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, die Großherzogtümer Baden, Mecklenburg-Schwerin, Hessen, Oldenburg, Sachsen-Weimar-Eisenach, Mecklenburg-Strelitz, die Herzogtümer Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Anhalt, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Altenburg, die Fürstentümer Lippe, Waldeck, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Reuß älterer Linie, die drei republikanisch verfassten Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck – sowie das Reichsland Elsaß-Lothringen.

RuStAG - Reichs- und Staatsangehörigkeits Gesetz
vom 22.7.1913
PDF RuStAG 1913
BMdJufV - Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) heutige Version

Drucksache 17/14807, Antwort der BRD vom 30.09.2013 auf eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE:
"Völkerrechtliche Konsequenzen aus der behaupteten Subjektidentität der Bundesrepublik Deutschland mit dem Deutschen Reich seit dem 8. Mai 1945"
Die Bundesregierung der BRD räumt am 30.9.2013 auf Anfrage ein, dass das Deutsche Reich nach wie vor existiert und Rechtsfähigkeit besitzt.
Quelle: Deutscher Bundestag    D-U-N-S: 332620814
Drucksache als PDF mit Makierung
Mit der Proklamation des preußischen Königs Wilhelm I. zum ersten Deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses Versailles erfolgte die deutsche Reichsgründung. Damit war erstmals ein deutscher Nationalstaat entstanden, der im Kontext der Deutschlandfrage der kleindeutschen Lösung entsprach.

Das Deutsche Reich war zu beginn eine bundesstaatlich organisierte, am monarchischen Prinzip ausgerichtete, konstitutionelle Monarchie. Darum wird es im Zeitabschnitt von 1871 bis zum Zusammenbruch der Monarchie 1918 als „Deutsches Kaiserreich“ bezeichnet. Die ersten Reichstagswahlen wurden am 3. März 1871 abgehalten. Die erste konstituierende Reichstagssitzung fand am 21. März im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin statt, das zur Reichshauptstadt erklärt wurde. Eine Reichsverfassung trat am 16. April in Kraft. Dem Kaiserreich gehörten 25 Bundesstaaten an. Bismarck wurde mit der Siegessäule und dem Bismarck-Nationaldenkmal in Berlin zwei Denkmäler gesetzt.

In den Jahren nach der Reichsgründung folgten verschiedene Epochen
Von den Gründerjahren mit dem Beginn der Industrialisierung und anschließender Gründerkrise, der Einführung einer staatlichen Sozialversicherung gegen Unfall, Krankheit, Invalidität und Altersarmut, über die imperialistische Expansion in Übersee des 2. Kaisers Wilhelm II. und Beginn der deutschen Kolonialzeit ab Mitte der 1880er Jahre unter gleichseitigen Konfrontationen mit Frankreich.

Außenpolitisch pendelte das Reich in den 1890er Jahren zwischen Großbritannien und Russland hin und her. Die sogenannte Kanonenbootpolitik wurde bis zum Beginn des ersten Weltkrieges betrieben und übertünchte innenpolitische Probleme. Ab der Jahrhundertwende begannen die Arbeiter im Deutschen Reich sich verstärkt in freien Gewerkschaften zu organisieren und setzten mit einer Vielzahl von Streiks bessere Arbeitsbedingungen und Sozialversicherungen durch.

Völkerrechtlich hat der Deutsche Kaiser in Den Haag am 18. Oktober 1907 für das Deutsche Reich das Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs, die sog. Haager Landkriegsordnung (HLKO) unterzeichnet. Mit der letzten Reichstagswahl im Kaiserreich von 1912 wurde die SPD stärkste Fraktion im Reichstag, was in radikal-konservativ Kreisen den antisemitischen Kampfbegriff „Judenwahl“ prägte, weil die Reichstagsmehrheit vom „jüdischen Golde“ beherrscht gewesen sei.

Am 22. Juli 1913 wurde das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) erlassen. Es definiert, wer deutscher Reichsangehöriger bzw. wer deutscher Staatsangehöriger ist, was zwei völlig verschiedene Dinge sind! Dieses Gesetz ist die Ursprungsfassung und noch heute (als StAG) die entscheidende Rechtsgrundlage der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Legitimität der Umbenennung und vielfachen Änderungen dieses Gesetzes bis heute, teils durch das Naziregim des 3. Reiches wie mit §1 der Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit vom 5.2.1934 (RGBL 1934 Teil 1 S85), teils durch einen von den westlichen Besatzungsmächten des zweiten Weltkriegs installierten und seit spätestens 1956 illegitim gewordenen Gesetzgeber (BVerfG, 2 BvF 3/11 vom 25.7.2012, Abs.Nr. 13), war und ist völkerrechtlich illegal. Letzteres betrifft alle rund 82 Millionen Deutsche auch noch heute.

Das deutsche Kaiserreich endete nach dem schrecklichen 1. Weltkrieg mit der Novemberrevolution und dem damit verbundenen Zerfall der deutschen Monarchien. Das Deutsche Reich sollte ab 9. November 1918 zur Republik werden, wobei die völkerrechtlichen Vorgänge historisch umstritten sind. So kam es zustande, dass Philipp Scheidemann und Karl Liebknecht – beide voneinander unabhängig und nahezu gleichzeitig – die Republik ausriefen, obwohl Kaiser Wilhelm II. erst 19 Tage später aus seinem Exil in Holland die Abdankung erklärte. Insofern war die Ausrufung der Republik in jenem Fall illegitim, da zu diesem Zeitpunkt weder Scheidemann noch Liebknecht, noch sonst irgendjemand, die notwendige staatliche Souveränität besaß. Ähnliche Vorgänge trugen sich auch in Bayern zu. Dort hatte Kurt Eisner (USPD) den Freistaat ausgerufen. Der damalige Regent, König Ludwig III., hatte jedoch nie abgedankt, sondern mit der Anifer Erklärung lediglich die Beamten und Soldaten von ihrem Treueeid entbunden.

Mit dem Versailler-Vertrag wurde dem Deutschen Reich eine Alleinschuld am 1.Weltkrieg unterstellt und drastische Maßnahmen aufoktroyiert. Diese führten im Ergebnis zu Hitler, der Epoche der Naziherrschaft des Dritten Reichs und zum 2. Weltkrieg. Jedoch ist mit der Kapitulation von Hitlers Wehrmacht das Deutsche Reich nicht untergegangen, was selbst die Bundesregierung – zuletzt im September 2013 – einräumte. In einer kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion „DIE LINKE“ erklärte die Bundesregierung der „Bundesrepublik Deutschland“, dass das Deutsche Reich nach wie vor existiert und Rechtsfähigkeit besitzt.

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Archiv:
Und es existiert doch! - Wenn wir das gewußt hätten! - Teil-2
Faule Ausrede - Wenn wir das gewußt hätten! - Teil-1