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Auswege, Alternativen und neue Marktstrategien

Agrarmisere und Schuldenfalle - Seite 2

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Autor: Walter Kothe und Michael Born   
Ein alter Backofen ist meist schnell reaktiviert und wird ohne Zweifel auch dankbare Abnehmer für frisches Brot und auch Mitwirkende beim Backen finden.

Bei der Erstellung von Kleinmolkereien, für die sich aus Gründen der Betriebskosten und der Effizienz wohl mehrere Höfe zusammen schließen müssen, mag es bürokratische Hürden geben, die aber nicht unüberwindbar sind. Bei den enger an den Hof gezogenen Bürgern dürfte
es sicher größtes Interesse für „Milch und Milchprodukte ab Hof“ geben, vor allem dann, wenn Interessierte Käse und Quark auch selber herstellen können. Unter kompetenter Anleitung.

Ein weites Feld ist die Möglichkeit, zwischen Landwirten und Bürgern einen Energieverbund aufzubauen. Auch hier waltet das Grundprinzip, sich durch Dezentralität möglichst viel Unabhängigkeit zu sichern und seine Abhängigkeiten zu reduzieren.

Praktisch bietet sich die gesamte Vielfalt der Erzeugung regenerativer Energien an, die es heute schon gibt. Dabei können auch mehrere Standbeine gleichzeitig genutzt werden.

Wir entwickeln Regionen
Quelle: regionalentwicklung.de

Eine besondere Zukunft liegt in den Regionen. Auch wenn die Globalisierung der Kommunikation und des Reisens, die Globalisierung des Handels und des Wissens und - hoffentlich - die Globalisierung des Bewusstseins fortschreiten wird, so bewahrt das Lokale dennoch seine Bedeutung! Und es bündelt sich auf einer neuen Ebene - in den Regionen. ...mehr
Der Landwirt verfügt über Flächen zur Erzeugung von Solarstrom, über pflanzliche und tierische Abfallstoffe zur Gewinnung von Biogas, hat vielleicht den einen oder anderen günstigen Standort zur Nutzung von Windenergie, kann für angeschlossene Siedlungen ein Blockheizkraftwerk
auf Holzbasis betreiben und auch zusätzlich Holz für den Kamin liefern.

Man muss sich in bürgerlicher und in bäuerlicher Eigeninitiative nur zu entsprechenden Interessenverbänden zusammenschließen, zu deren Rechtsform noch Vorschläge unterbreitet werden.

Die meisten Landwirte verfügen, neben großem handwerklichen Geschick, auch über gut eingerichtete Werkstätten und Maschinenparks, an welchem viele Bürger größtes Interesse hätten.

Da ließe sich so mancher Dienst erbringen oder auch die Gelegenheit, stille Reserven an Produktionsmitteln zu teilen. Z.B.: Mancher Gartenzaun ließe sich auch am Hof herstellen.

In welche Formen der Organisation sind solche Interessengruppen zu gießen?

Für Landwirte, deren wirtschaftliche Situation keine Probleme macht oder zumindest beherrschbar erscheint, empfiehlt sich die Gründung von Genossenschaften, die zusammen mit interessierten Bürgern betrieben werden könnten. Da es einerseits schon Erzeugergenossenschaften
und andererseits bereits Konsumgenossenschaften gibt, könnten sich diese in gemeinsamen Dachorganisationen zusammenfinden, um - im weitesten Sinne- lokale Wirtschaftskreisläufe zu beleben und/oder - im engeren Sinne - Bürger und Landwirte zur Zusammenarbeit auf den geschilderten Feldern zu bringen. Konkret muss man dazu erst einmal erfassen, wer als Bürger interessiert ist und welche Landwirte ihre Höfe in der genannten Weise öffnen wollen. Das bedeutet, dass eine wesentliche Tätigkeit der Genossenschaft in der Verknüpfung Kooperationswilliger zu sehen ist.

Aber auch für Landwirte, deren wirtschaftliche Perspektiven düster bis hoffnungslos sind und denen vielleicht sogar die Enteignung in das Haus steht, gibt es Rettung. Allerdings nicht ohne Einsichtsbereitschaft und persönliche Opfer.

überMacht - überMonsanto - überDenken
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Quelle: uebermonsanto.wordpress.com

„Monsanto – Mit Gift und Genen“ - Sehr interessante Dokumentation von Marie-Moique Robin über den Multinationalen Biotechnologiekonzern Monsanto.

Monsanto erwirtschaftet viel Geld. Viel Geld aus Geschäften mit Agent Orange, PCB oder Gen-Pflanzen. ...mehr
Gemeint ist die Gründung gemeinnütziger Stiftungen, mit dem Zweck, einen Interessenverbund zwischen Bürger und Landwirt auf den genannten Feldern herzustellen, zu organisieren, zu unterhalten und alle notwendigen Standards zu garantieren. Das Stiftungsvermögen und die Finanzierung müsste sich aus zwei wesentlichen Quellen speisen: Landwirte stiften ihr Land gegen Entschuldung und ein vererbbares Nutzungsrecht, Bürger wiederum stiften Geld, um den Stiftungs-Hof entsprechend mit-nutzen zu können (Einmalzahlungen plus aufende Spenden). Die verschiedenen Zweckbetriebe, die sich beispielsweise auf dem Feld der Energieerzeugung etablieren ließen, könnten zusätzliche Einkommensquellenerschließen.

„Hintergedanken“ dabei: Land im Eigentum des Volkes, nicht in Privateigentum und auch nicht im dem des Staates. Das Volk ist „Grund – und Lehensherr“: Das Land besitzt auf Zeit (Erbpacht, „Lehen“), wer es naturgemäß und nachhaltig zum Segen aller nutzt. Man würde damit an die alte Idee des Gemeindegrundes (Allmende) anknüpfen, die schon im Mittelalter und auch früher praktiziert wurde, um möglichst viel Grund und Boden, der prinzipiell ja nicht vermehrbar ist, einer gemeinschaftlichen Nutzung zu erhalten. Als Kondensationskerne solcher Stiftungen sind aber auch hypothekenfreie Höfe denkbar, die als ein Ganzes erhalten bleiben sollen, ohne in Erbstreitigkeiten zerrissen zu werden.

Um solche Projekte zur konkreten Diskussion zu bringen, empfehlen sich Workshops mit verschiedenen Arbeitsgruppen, die sich am besten mit folgenden Themenfeldern befassen:
  • Kräuter- und Gemüsebeet - Patenschaften, Kleinmolkereien, Fleisch und Milch ab Hof, Brotbacken, Werk(statt)gemeinschaften
  • Energieverbund „Landwirt und Bürger“
  • Genossenschaftsmodelle
  • Stiftungsmodelle
Jede Arbeitsgruppe sollte einen Sprecher wählen, während es aber allen Teilnehmern erlaubt sein sollte, frei zwischen den Arbeitgruppen zu pendeln, um Gedanken und Vorschläge einbringen zu können. Ein Tagungsband wäre sinnvoll, damit keine Ergebnisse verloren gehen.

Abschließend sei bemerkt, dass die Organisation von Genossenschaften und/oder gemeinnützigen Stiftungen natürlich viel Arbeit macht und engagierte Menschen erfordert. Dazu sind besonders Persönlichkeiten, wie z. B. Ortsbäuerinnen, Bürgermeister, Gemeinderäte aber auch Vorstände von Vereinen und Maschinenringen aufgerufen, die allesamt schon Organisationserfahrung haben und daher gut mit Menschen umgehen können.