Schwarze Witwe sucht Grüne zwecks ..

Wer hat's erfunden?

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Autor: bib   
Die Linke wiederholte am 30.06.2011 im Bundestag die Forderung, dass der neuerliche Atomausstieg im Grundgesetz festgeschrieben wird. SPD und Grüne hingegen stritten sich mit der Regierung lediglich über die Frage, wer nun den Atomausstieg erfunden hat. Freilich sahen sich alle Parteien, bis auf die Linken, als Erfinder der Energiewende - wogegen die Linke die einzig richtige Analyse abgab, dass die 13. Novelle des Atomgesetzes einzig die Konsequenz aus dem Super-GAU von Fukushima ist.

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE)

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE)
Gleich zu Beginn seiner Rede stellte Dr. Gregor Gysi fest, dass der Bundestag heute einen halbherzigen Atomausstieg beschließen werde, der einzig und allein wegen dem Super-GAU von Fukushima zustande kommt.

Den Fraktionschef der Linken im Bundestag entsetzten und enttäuschten daran einige Dinge, denn die Schlussfolgerungen aus Fukushima müssten nach Meinung der Linken wesentlich konsequenter und weitreichender sein. Darum forderte Gysi, ganz nach österreichischem Vorbild, den Atomausstieg im Grundgesetz festzuschreiben.

Bereits mit dem Gesetzentwurf vom 12.04.2011 forderte die Linke den Atomausstieg in das Grundgesetz aufzunehmen. Die Grünen benötigten für ihre Forderung einer grundgesetzlichen Absicherung des Atomausstiegs ein wenig länger, genauer gesagt bis zum 28.06.2011, zwei Tage vor der Abstimmung im Parlament. Darüber hinaus brauchte die "Dagegen-Partei" auch noch einen ausserordentlichen Parteitag um gegen das "Dagegensein" zu sein, obwohl deren Stimmen überhaupt nicht entscheidend waren - ein toller Medientrick, wie bereits Dr.Gysi in seiner Rede feststellte.

Die, die wirklich einen Parteitag benötigt hätten, wären die CDU/CSU und FDP gewesen. Haben doch diese drei Parteien noch im Herbst 2010 von ihrer Basis die Laufzeitverlängerungen altersschwacher Atommeiler zu Gunsten der Profitgier der Kernenergieindustrie mit Basis-Parteitagen absegnen lassen. Nun aber, bei der Rücknahme dieser gesetzlichen Renditeversprechen zu Lasten des Steuerzahlers, fragen genau diese Parteien ihre Basis nicht mehr, was auf das Demokratieverständnis der Regierungs-Koalition ein besonders schales Licht wirft.

Die Bundes-Grünen - Verrat auf ganzer Linie! Können zwar vor lauter Kraft kaum laufen, aber die Beschlüsse der eigenen Basis ignorieren.

Renate Künast, B90/GRÜNE, 30.06.2011

Bärbel Höhn, B90/GRÜNE, 30.06.2011
Schöne Grüsse, herzlichen Dank für das Protestieren und für's Fähnlein schwingen, richtete Renate Künast sinngemäß in ihrer Rede der Anti-Atom-Bewegung aus - damit das auch einmal im Protokoll steht. Nach 30 Jahren ausserparlamentarischen Kampf muss das der Anti-Atom-Bewegung wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen.

Der Kakophonie und unverkennbaren Anbiederung der Grünen an die Union als künftiger Koalitionspartner, wurde dann von der Vize-Chefin der Bundestagsfraktion der Grünen, Bärbel Höhn die Krone aufgesetzt. Vor der Abstimmung über das Atomaus- stiegsgesetz der Bundesregierung hat Höhn erklärt, dass die Grünen auch in Regierungsverantwortung an dem Ausstiegsdatum 2022 festhalten wollen.

Die Zwischenfrage der energiepolitischen Sprecherin der Linksfraktion Dorothée Menzner, ob das Höhn-Zitat: "Wenn wir 2013 mitregieren sollten, werden die Grünen an dem Zeitraum festhalten, dass bis 2022 der letzte Meiler abgeschaltet werden soll. Das heißt, wir werden den vorzeitigen Ausstieg 2017 auch nicht mehr als Zielsetzung im nächsten Wahlkampf haben.", aus der Rheinischen Post richtig und Höhn zuzuordnen sei, dementierte Höhn nicht.

Nach einer hörbaren Schrecksekunde bei den Bundestags-Grünen antwortete Höhn lapidar, dass die Grünen im Gegensatz zu den Linken ein "Konzept" hätten. Welches Konzept genau, ließ Höhn zwar im Dunkeln, genauso wie sie nicht erwähnte, dass der ausserordentliche Bundesparteitag vom vergangenen Samstag in der selben Sache schlicht das Gegenteil beschloss.

Ganz offensichtlich ignoriert die Vize-Chefin der grünen Bundestagsfraktion die eigenen Beschlüsse ihrer Basis, die bei einer eventuellen Regierungsbeteiligung 2013, einen Ausstieg für 2017 forcieren möchten. Den Bundesgrünen ist wieder einmal der Hochmut zu Kopf gestiegen und hat sich in Machtgier verwandelt, denn rational ist eine solch undemokratische Missachtung der eigenen Basismeinung nicht zu erklären. Das Verhalten der Grünen ver-Höhnt darüber hinaus die Anti-Atom-Bewegung als nützliche Idioten und Statisten für grüne Reden-Schwinger während der Anti-AKW-Proteste der letzten Monate.

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Die Anti-Atombewegung indes streitet weiter. Trotz des Atomausstieges der Bundesregierung, der sog. Energiewende, des Abschaltens von 8 maroden Meilern und trotz des Wissens, dass kein einziges deutsches, vermutlich auch kein europäisches AKW vor Sabotage oder einem Terrorakt sicher ist, soll nun auch noch mit grünem Stempel bis 2022 das Restrisiko a'la Fukushima bestehen bleiben. Und das alles, damit sich die Investitionen einer elitären Atom-Kapital-Clique auch noch rechnen.

117 Sitzung des Bundestages, 30.06.2011
Abstimmung (2) Atomgesetz

Die 13. Novelle zum Atomgesetz (Ausstieg bis 2022 wegen Amortisierung) wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen angenommen. Der Antrag der Linken, auf Festschreibung des Atomausstiegs in das Grundgesetz, wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und SPD abgelehnt, bei Enthaltung der Grünen.
Vor diesem Hintergrund haben die Grünen, nach der Absage an den Pazifismus ab dem Jahr 1999 (Kriege in Serbien, Kosovo, Afghanistan und Irak), der Absage an den Sozialstaat im Jahr 2003 (Hartz-IV),  und nun zum zweiten mal nach dem faulen Kompromiss von 2001, einen weiteren Deal mit der Atomwirtschaft geschlossen. Letzteres wird als der grösste Fehler in die grüne Parteihistorie eingehen und den Scheitelpunkt in Richtung politische Bedeutungslosigkeit makieren.

Ohne Fukushima würde die erst im letzten Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung der alten Meiler noch immer gelten und die Grünen hätten daran nichts ändern können. Das zeigt gleichzeitig aber auch die Ohnmacht der Anti-Atombewegung auf. Die Anti-Atombewegung erfuhr zwar seit August 2010 eine gewisse Renaissance und war bundesweit protestierend auf den Strassen unterwegs - vor Fukushima allerdings auch nur 15% der Teilnehmer gegenüber nach dem SuperGAU in Japan.

Für die Anti-Atom-Bewegung ist das immer noch bestehende nukleare Restrisiko auf keinen Fall durch die 13. Novelle des Atomgesetzes abgewendet, was die Grünen spätestens bei den nächsten Wahlen auch in handfesten Stimmverlusten feststellen dürfen. Natürlich werden die Grünen auch demnächst auf der Strasse merken, dass ihre Thesen zwar nett, ihr Handeln jedoch viel zu inkonsequent ist und sie darum aufpassen müssen, dass sie auf den Bühnen der Anti-Atombewegung nicht mit Bananenschalen, faulem Gemüse und Obst, Eiern oder alten Schuhen beschmissen werden.

Amortisation vor Sicherheit?
Kommentar von Willi Bartlog:

Endlich, es ist vollbracht! Die 'Dagegen-Partei' hat Frau Merkels Ausstiegsplänen ihren Segen erteilt. Es mag klingen wie eine Lachnummer, doch leider ist es ein Paradoxon in der sich die grüne Partei selbst hineinmanöveriert hat. Schon jetzt ist absehbar, in welche Zwickmühlen sie zwangsläufig geraten werden.

Wer Mut mit Hochmut und Angst mit Feigheit verwechselt, zerstört sein Kartenhaus. Wer parteipolitisch taktiert und grüne Fundamentalwerte, z.B. - 'Die Sicherheit ist das oberste Gebot', ignoriert, der verschließt die Augen vor Tschernobyl und erst recht vor Fukushima; denn eigentlich sollte man aus Fukoshima lernen, was man aus Tschernobyl NICHT gelernt hat.

Wer, wie Trittin, bereits einen Tag vor dem Parteitag von den Deligierten ein klares 'Ja' verlangt, der braucht mündigen Akteuren keine Einzelvollmacht erteilen. Wer nach den schrecklichen und kaum vorstellbaren Havarien Kernkraftwerke bis 2022 laufen lassen will, begründe dies bitte ehrlich mit den ökonomischen Interessen der Atomwirtschaft, oder einem Teufelspakt, bitte aber nicht mit hypotestischen Platitüden, die da lauten: „Wir werden uns fühlen wie Popeye, wenn er Spinat gegessen hat.“ (Künast) Das beleidigt den Intellekt Erwachsener!

Auch der Satz, „Wir müssen uns entscheiden zwischen Pest oder Cholera.“, wer soll ihn verstehen? Da kommt mir nur das Gleichnis von 'Buridans Esel' in den Sinn. Die 'Popeye-Partei' wird den 'grünen Blubb' erbrechen, sollte wieder einmal mehr in einem Atomkraftwerk das 'Unmögliche' möglich werden und die menschlichen Tragödien von neuem beginnen. Von daher hätte die Devise lauten müssen: Raus aus der Atomernergie – und das, so schnell wie möglich.

Mit aller Macht, klarer Linie und patriotischer Entschlossenheit! Alles andere ist UNVERANTWORTLICH, um nicht zu sagen – Kinderkram! Die kaum fassbaren Unfälle in Atomanlagen sind keine Heimsuchungen oder Schicksalsschläge, sondern fehlerhaftes und unkontrollierbares Menschenwerk. Wer aus den Fehlern nicht lernen will, dem wird es die Zeit zeigen, ob Ignorierung und Arroganz der richtige Weg war.

Bekanntlich kommt Hochmut vor dem Fall.
Kommentar der Redaktion:
Die jetzige "Energiewende" ist ehrlicherweise einzig den Erkenntnissen geschuldet, die durch die traurigen Ereignisse in Fukushima von Atom-Physikerin und Bundeskanzlerin Dr. Merkel gewonnenen wurden. Andere Erkenntnisse der Kanzlerin, die sie beispielsweise durch die Vergrösserung der Präsenz der Anti-Atombewegung gewinnen hätte können, sind ihr erst seit der Landtagswahl von Baden-Württemberg und dem ersten Grünen Ministerpräsidenten bekannt. Darum wohl, freute sich Frau Kanzlerin auch so sehr, dass der Vorschlag zum Atomausstieg von ihr kam.

Letztendlich werden auch die naivsten Grünen bald feststellen dürfen, dass, wer sich auf die Brautschau mit einer "Schwarzen Witwe" einlässt, an ihr zugrunde gehen werden. Es war bei der SPD so, es ist mit der FDP so und es wird mit den Grünen auch so sein. Insofern muss die Anti-Atom-Bewegung nun zum politischen Kammerjäger mutieren, ansonsten ist das atomare Restrisiko ungebrochen und die Gefahr eines GAUs noch mindestens über zehn Jahre evident, wenn nicht sogar noch darüber hinaus auf Grund erneuter Laufzeitverlängerungen. /bib
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:
"Dass die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, das Parteitag-Votum, nach der nächsten Bundestagswahl für einen schnelleren Ausstieg zu kämpfen, in den Wind schreibt, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. So machen sich die Grünen endgültig unglaubwürdig."

Zitat von Bärbel Höhn, Vize-Chefin der Bundestagsfraktion der Grünen am 30.06.2011 in der Rheinischen Post: "Wenn wir 2013 mitregieren sollten, werden die Grünen an dem Zeitraum festhalten, dass bis 2022 der letzte Meiler abgeschaltet werden soll. Das heißt, wir werden den vorzeitigen Ausstieg 2017 auch nicht mehr als Zielsetzung im nächsten Wahlkampf haben."

Beschluss der außerordentlichen Bundesdelegiertenkonferen der Grünen am 25.06.2011: „Wir wissen: Der Atomausstieg ist bis 2017 seriös umsetzbar. Wir werden daher die Bundestagswahl 2013 zu einer Abstimmung über eine beschleunigte Energiewende machen. Im Falle einer GRÜNEN Regierungsbeteiligung werden wir die Rahmenbedingungen so ändern, dass das letzte AKW noch deutlich vor 2022 abgeschaltet wird.“

Links:
Bundestag Mediatheke /17/117/
Bundestag - Energiewende - Abstimmung

campact.de: Der Protest geht weiter
le-bohemien.net: Schwarze Witwe auf Brautschau
Heide Neukirchen - Wer hat's erfunden

Gegen das Vergessen:
Energiepolitischer Appell Deutscher Manager / August 2010
FAZ: Energiepolitischer Appell 40 Manager greifen Röttgens Politik an
energiezukunftdeutschland.de/