Vertrauenskrise

Domino Day 4

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Autor: bib   

Eine Regierungserklärung jagt die nächste! Die Börsen fallen weiter, der DAX heute mit -337 Punkte auf einen Tiefstand des Jahres 2005.

"Vertrauen" hat gute Chancen das Unwort des Jahres zu werden, so oft wie es die Kanzlerin das Wort benutzt. Sagte sie zuletzt sogar, auch die Währung heißt nun "Vertrauen"- was mit dem Euro ist und welchen Wechselkurs die neue Währung "Vertrauen" hat, blieb ebenso offen.

Besonders vertauenswürdig war auch gleich, den zu den Hypo-Real-Estate-Brandstifter zählenden Hans Tietmeyer, als Oberfeuerwehrmann zu bestimmen. Die Abgeordneten des Bundestages reagierten darauf mit lautem Gelächter. Tietmeyer lehnte auch ein paar Stunden später den Krisenretter-Job mangels "Vertrauen" ab.

Eigentlich wird unter Vertrauen die Annahme verstanden, dass Entwicklungen einen positiven oder erwarteten Verlauf nehmen. Ein wichtiges Merkmal ist dabei das Vorhandensein einer Handlungsalternative. Dies unterscheidet Vertrauen von Hoffnung.

Vertrauen beschreibt auch die Erwartung an Bezugspersonen oder Organisationen, dass deren künftige Handlungen sich im Rahmen von gemeinsamen Werten oder moralischen Vorstellungen bewegen werden. Vertrauen wird durch Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Authentizität begründet, wirkt sich in der Gegenwart aus, ist aber auf künftige Ereignisse gerichtet.

Die Verwendung des Begriffs ist in den Wissenschaften unterschiedlich und auch innerhalb einer Disziplin oft umstritten.

In der Soziologie wird häufig die Definition von Niklas Luhmann zitiert: Vertrauen ist demnach ein „Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität“ und zudem eine "riskante Vorleistung". Dort, wo die rationale Abwägung von Informationen - aufgrund unüberschaubarer Komplexität, wegen Zeitmangels zur Auswertung oder des gänzlichen Fehlens von Informationen überhaupt - nicht möglich ist, befähige Vertrauen zu einer auf Intuition gestützten Entscheidung.

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Umgangssprachlich wird Misstrauen oft als das Gegenteil von Vertrauen angesehen, was wissenschaftlich jedoch differenziert eingeschätzt wird. Nach Luhmann ist Misstrauen ein "funktionales Equivalent" zu Vertrauen, da es ebenfalls Komplexität reduziert und zu auf Intuition basierten Entscheidungen befähigt. Die Gleichzeitigkeit von Vertrauen und Misstrauen ist kein Widerspruch, sondern steht in Abhängigkeit von der sozialen Situation, die bei Luhmann durch Komplexität gekennzeichnet ist.

Haben wir nun? Vertrauen? Misstrauen?