Zensur des Internets

Kinderpornographie

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Autor: Gert Flegelskamp   
"Glückwunsch, Frau von der Leyen, mit Ihrem Schlag gegen die Kinderpornographie ist Ihnen ein großer Wurf gelungen. Herr Schäuble, das ist kein Grund, so impertinent zu grinsen! Oder doch?"

Den ersten Satz verkündet die Presse, den zweiten Satz habe ich hinzugefügt. Das liegt wohl daran, dass ich mich ein weiteres Mal geleimt fühle. Frau von der Leyen versteht sich ja darauf, ihre Politik so zu verkaufen, dass die Menge jubelt, obwohl keinerlei Anlass dazu besteht. So auch diesmal. Und das funktioniert, weil wir selten versuchen, zwei scheinbar nicht im Zusammenhang stehende Nachrichten dennoch auf ihre Gemeinsamkeiten hin zu überprüfen. Kinderpornographie! Nachrichten darüber sorgen bei den meisten Menschen dafür, dass sich die Nackenhaare sträuben und Maßnahmen dagegen werden mit Begeisterung aufgenommen. Aber denkt man ein wenig nach, kommt man eigentlich zu dem Schluss, dass das von Frau von der Leyen so wirkungsvoll verkaufte Paket gegen die Kinderpornographie inhaltlich das krasse Gegenteil dessen ist, was auf der Verpackung steht. "Es ist die Ausweitung der Überwachung und der Beginn der Zensur des Internets!"

Erinnern Sie sich, da waren doch diese Ausstellungen von plastinierten Leichen, die den Besuchern einen wonnigen Schauer des Gruselns vermittelten. Wie oft kann man in der Presse lesen, dass irgendwo die Totenruhe gestört wurde, Was war mit den Toten, die hier zur Schau gestellt wurden? Musste hier die Totenruhe der "Kunst" weichen? Hat der Aussteller den Toten wieder Leben eingehaucht?

So ist das auch mit der Kinderpornographie. Zeitgleich mit dem Vorhaben von Frau von der Leyen berichtete die Presse, dass dem LKA erneut ein Schlag gegen die Kinderpornographie gelungen ist. Wenn ich mir die Erfolgsmeldungen der Vergangenheit ins Gedächtnis zurückrufe, betraf es immer nur die Betrachter dieser Seiten, aber Erfolge gegen die Kinderschänder selbst? Da erinnere ich mich nur an einen Fall in Belgien. Gewiss, wenn man solche Fälle von Tauschbörsen aufspürt und damit Leute, ob nun Gerichtspräsident oder Abgeordneter, überführen kann, dass sie als Kunden Mitverantwortung für diesen schändlichen Markt haben, dann ist das gut und richtig. Besser wäre es aber, wenn man endlich gegen die Produzenten dieser Machwerke vorgehen würde.

Nun hat Frau von der Leyen zusammen mit dem BKA und 5 Providern erwirkt, dass die Provider "den Zugang zu diesen Seiten erschweren!" Wird da niemand stutzig? Offenbar kennen doch LKA und BKA die in Betracht kommenden Seiten, denn die Fahnder beobachten die Seiten eigentlich ständig, sonst könnten sie nicht dahinter kommen, dass sich dort Tauschbörsen bilden. Sie registrieren ständig die IP-Adressen der Besucher und wissen somit auch, wer die Seiten besucht und wie oft. Verwunderlich finde ich, dass man keine internationalen Beziehungen spielen lässt, um diese Seiten aus dem Netz zu entfernen und die dingfest zu machen, die solche Seiten ins Netz stellen. Wenn also BKA und LKA solche Seiten beobachten und dabei die Besucher dieser Seiten registrieren (anders könnten die Anzeigen nicht erfolgen), was erreicht man dann noch bei der nun zwischen BKA und Providern getroffenen Vereinbarung? Dass nicht die gewünschte Seite, sondern ein Stoppschild erscheint? Ja, das ist die aus meiner Sicht lächerliche Außenwirkung. Inhaltlich denke ich aber, passiert etwas ganz anderes. Bei den genannten Providern, die 75% aller Kunden ins Netz bringen, findet ein permanenter Abgleich mit den vom BKA gelieferten Adressen statt, bei jedem Seitenaufruf, den die Kunden des Providers tätigen. Dazu liefert das BKA Werktags Listen mit Adressen von zu sperrenden Seiten an die Provider. Die sollen dann, wenn eine der Adressen angesprochen wird, auf einen anderen Server umleiten, der nur das Stoppschild und Hinweise zeigt. Soweit die offizielle Version. Aber welche Adressen das BKA als zu sperrende Seiten den Providern mitteilt, wer kontrolliert das? Niemand! Auch kann niemand kontrollieren, welche Speicherungen die Behörden bei diesen Umleitungen vornehmen. Die ganze Maßnahme ist nichts als die moderne Variante des trojanischen Pferdes, um durch die Hintertür den Richterspruch des BVerfG zur Verwendung der Daten aus der Voratsdatenspeicherung zu umgehen. Es ist ein Paket, auf dem Kampf der Kinderpornographie draufsteht, aber Schäuble-Überwachung und Zensur drin ist. Die entsprechenden Pornoseiten zu sperren oder den direkten Zugriff zu verhindern, wäre kein Problem für das BKA, weil sie die Seiten ohnehin beobachten. Ich denke nicht, das sie dazu die die Provider brauchen. Es ist die Ausweitung der Überwachung und vor allem der Beginn der Internet-Zensur. Ein Schlag gegen die Kinderpornographie wäre es, wenn man endlich die Produzenten dieser Pornos festsetzen würde. Doch darüber findet man keine Nachrichten!

Weitere Informationen finden Sie hier und ein Kommentar zum Thema ist hier zu finden.

Gert Flegelskamp

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