Gert Flegelskamp zur aktuellen Sommervorstellung 2010

Brot und Spiele

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Autor: Gert Flegelskamp, Redaktion   
Bezeichnet auch heute noch Versuche einer Regierung, administrativer oder industrieller Strukturen, die Bevölkerung oder Teile davon, von Problemen abzulenken, indem man mit inszenierten Großereignissen, Steuersenkungen oder Wahlgeschenken die allgemeine Stimmung zu heben versucht.
Gemeint sein können andererseits auch die einseitigen „niederen Gelüste“ des Volks nach solchen Maßnahmen, was als Zeichen von Dekadenz und Ignoranz gewertet werden kann.
Quelle: Wikipedia: Panem et circenses

Im Schatten der Fußball-WM 2010, welche uns von den Mainstream-Medien geren als Sommermärchen 2010 verkauft wurde, ist dem geneigten Bürger wieder ganz nach dem römischen Grundsatz "Brot und Spiele" einiges im Verborgenen geblieben.

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O-Ton Paul K., neulich nach dem Spiel auf der Straße beim Korso-Gucken, auf die Frage wer is nu Präsident:
"wen han se gleech wieder ausjeguckt, wer is es jeeeeeeworden, maaaaan, jestern wusst ick et noch!? Ach ne, jetzt weeß ick et wieder, die Linken waren schuld dat Gauck es nich wurde"
Quelle: hintergrund.de: Wer ist hier politikunfähig?
Die Ablenkung von Themen wie dem "maschinenlesbaren" Ausweis oder der Europäisch vernetzten Überwachung hat perfekt funktioniert.

Auch das mit dem neuen Präsidenten - bei uns wie auch in Polen - bemerkte auch fast keiner.

Bayern hat nun sogar ein absolutes Rauchverbot, weil die Raucher am volksentscheidenden Tag leider noch einen Kater - wegen dem geilen Spiel gegen Argentinien (4:0) vom Vortag hatten. Höhere Gewalt also.


Der Kommentar von Gert Flegelskamp zum aktuellen Sommerspielplan 2010:

Wie heißt noch der Werbeslogan der Bahn? Die Bahn macht mobil? Liest man nun die Zeitung, müsste es wohl eher heißen: Die Bahn macht krank.

DB_HitzeChaos_235x132 Hitze-Chaos bei der Bahn:
BahnCard 50 Grad

Sitzplatzgarantie? Von wegen. "Schwitzplatzgarantie"? Sicher! Die Bahn muss Hohn und Spott erdulden. Zurecht. Denn seinen technischen Pannen hat der Konzern ein PR-Desaster folgen lassen.
Quelle: Stern / 13.07.2010

Einerseits verstehe ich nicht, wie es zu "kollaborierenden Schülern und Fahrgästen" kommen konnte. Ist ein ICE nicht ein Zug, in welchem man vom letzten Abteil im letzten Waggon bis hin zum ersten Abteil im ersten Waggon laufen kann? Wenn in meinem Abteil also die Klimaanlage ausfällt, suche ich ein anderes und kühleres Abteil auf und würde mich auch von keinem Zugbegleiter davon abhalten lassen. Auch ein Abteil erster Klasse würde mich nicht abhalten, darin ohne Zuzahlung Platz zu nehmen, denn die Beförderungsbedingungen der Bahn sind auch mit Pflichten für die Bahn versehen und nicht nur mit Rechten. Erst recht als Aufsichtsperson einer Schülergruppe würde ich mit der Gruppe das Abteil wechseln. Ist die Klimaanlage im gesamten Zug ausgefallen, gibt es immer noch die Notbremse. Doch vielleicht irre ich mich auch und Väterchen Staat nutzt die Bahn, um die Leidensfähigkeit seiner Bürger zu prüfen unter dem Motto: Wie viele Bürger leiden, ohne sich ernsthaft zur Wehr zu setzen?

Davon abgesehen zeigt sich hier einmal mehr, was Privatisierung wirklich ist. Noch ist die Bahn im Besitz des Bundes, aber inzwischen in eine AG gewandelt und auf die "Bedürfnisse" der "Investoren" zurechtgestutzt, also das Wartungspersonal auf ein Minimum geschrumpft und die Verwaltung auf rein betriebswirtschaftliche Belange umgestellt.

Dabei ist Betriebswirtschaft nicht mehr das, was es sein sollte, nämlich ein dem Produkt und seiner Qualität gemäßes Handeln, sondern ausschließlich die von Controllern durchgeführte Kostenkontrolle, die sich nicht nach den Belangen des Produkts, sondern nach den Marktbedingungen richtet, wobei Controllern in der Regel die Kompetenz fehlt, beide Bedingungen unter einen Hut zu bringen, Shareholder Value eben. Außen hui, innen pfui.