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Resozialisierung

Hartz kehrt zurück

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Autor: Gert Flegelskamp   

Nach Peter Hartz, ehemals Personalvorstand der VW AG, wegen Unregelmäßigkeiten zurückgetreten und von einem ordentlichen Gericht wegen Untreue verurteilt (auf Bewährung), ist der Namensgeber der Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 mit den Bezeichnungen Hartz I bis Hartz IV.

Obwohl es noch immer genug Narren in dieser Gesellschaft gibt, die diese so genannte Arbeitsmarktreform gut und richtig finden und der Presse und der Politik nachplappern, dass die Reform ja nun Wirkung gezeigt hat, gibt es inzwischen genug Menschen in diesem Land, die begriffen haben, dass diese Arbeitsmarktreform nur ein Ziel hatte;

  • den Leistungsdruck auf Arbeitnehmer zu erhöhen
  • die Löhne zu drücken
  • reguläre Vollzeitarbeitsplätze abzubauen und
  • durch Zeitarbeiter zu ersetzen
  • Arbeitslose in Zwangsarbeit (Ein Euro Jobs) zu drängen
Von dieser Warte her gesehen hatte das Hartz-Konzept durchaus Erfolg. Die angeblich niedrigste Arbeitslosigkeit der letzten 16 Jahre (Angela Merkel) ist aber nichts als ein potemkinsches Dorf, zusammengezimmert mit statistischer Verfälschung und dem Zwang, jeden Job annehmen zu müssen, auch wenn man sich davon nicht ernähren kann. Das kann auf den Seiten der BA leicht überprüft werden, denn nicht die Zahlen über die angeblich gemeldeten Arbeitslosen sind wichtig, sondern die Zahl der ALG II- und ALG I-Empfänger.

ALG I
ALG II
Sozialgeld
Summe
Sozial- versicherungs-
pflichtig
geringfügig beschäftigt
2005
1,565.126
4.925.951
1.768.111
8.259.181
26.585.500
6.565.335
2006
1,232,622
5.076.320
1.883.509
8.192.451
26.882.900
6.611.139
2007
926.123
5.134.156
1.936.389
7.996.668
27.446.400
6.749.414
2008
807.556
4.778.782
1.812.973
7.399.311
28.004.500
6.982.789
Zahl der
Bedarfs-
gemeinschaften
Personen in
Bedarfs-
gemeinschaften
(Arbeitslosengeld II
und Sozialgeld)
erwerbsfähige
Hilfebedürftige
(Alg II)
nicht
erwerbsfähige
Hilfebedürftige
(Sozialgeld)
2005
3.704.538
6.694.062
4.925.951
1.768.111
2006
3.629.141
6.959.829
5.076.320
1.883.509
2007
3.498.035
6.783.930
4,923,338
1.860.592
2008
3.310.583
6.322.328
4.581.916
1.740.412

Beide Tabellen wurden aus den Arbeitsmarktdaten der BA, die monatlich erscheinen, jeweils für den November des jeweiligen Jahres entnommen. Die unterschiedlichen Zahlen bei den ALG II-Empfängern, kann vielleicht die BA erklären, ich nicht. Aber die zweite Tabelle aus der Rubrik "Eckwerte der Grundsicherung SGB II nach Ländern (vorläufige Daten)" halte ich für die eigentliche Aussage. Danach hat sich nicht wirklich etwas geändert. Eine Übereinstimmung mit den so euphorisch in der Presse verkündeten Zahlen mag ich nicht erkennen.


Zunächst kam für die Arbeitslosen wieder echte Freude auf, als sie hörten Peter Hartz kehrt zurück. Zeitungsmeldungen zufolge sollte er für die BA in Saarbrücken sein neues Konzept testen, wonach Langzeitarbeitslose wieder näher an den Arbeitsmarkt gebracht werden sollten. Natürlich hatten sich die Arbeitslosen schon gefreut, erwarteten Sie doch nun, von feurigen Brasilianerinnen begleitet in die Nähe von Firmen gebracht zu werden, damit sie wenigstens mal wieder sehen konnten, wie Arbeit aussieht. Aber man hat das Konzept wieder auf Eis gelegt. Angeblich sei die Presse zu negativ gewesen. Ich glaube aber eher, die Brasilianerinnen waren mit der Gage nicht einverstanden.

Genau genommen war diese Ankündigung ein Schlag ins Gesicht aller Arbeitslosen. Das sollte er wohl auch sein, denn Hartz hat auf Repressalien und Demütigung sein ganzes Konzept aufgebaut. Da wollte man nun noch eins draufsetzen, aber Peter Hartz hatte wohl schon zu viel Presse bekommen. Doch so, wie ich das sehe, fällt den Saarbrückern etwas anderes ein.

Man muss sich das Konzept ansehen. Wie in solchen Studien üblich, werden lauter positive Elemente dargestellt und kompetente Vertreter aus den verschiedensten Bereichen als Ideengeber benannt. Darunter darf auch der derzeit meistgefragte INSM-Botschafter Hüther nicht fehlen. In der Studie wird auch so manches erwähnt, was absolut richtig ist, nur hätte es bereits vor der Verabschiedung der Hartz-Gesetze in Erwägung gezogen werden müssen. Dennoch sehe ich das Konzept als das rein theoretischer Autoren an, deren weiter Abstand von der Wirklichkeit des Lebens Langzeitarbeitsloser sie wohl einige Dinge aus einer verzerrten Perspektive sehen lässt. Genau gesagt ist es ein Konzept einer erweiterten ICH-AG, erweitert insofern, dass die Nutzer zumindest eine Zeitlang begleitet werden sollen. Es soll als ein Social-Franchise-Projekt aufgebaut werden und stutzig macht mich beim sogenannten Beschäftigungsradar der Satz vom besonderen Augenmerk auf den "dritten Arbeitsmarkt". Ein aus staatlichen Mitteln finanzierter und auf Dauer angelegter „dritter Arbeitsmarkt“ für Langzeitarbeitslose mit einfachen Tätigkeiten ist wohl kaum eine Chance. Aber das macht die Studien solcher Autoren ja so reizvoll, sie verstehen es, alles sehr positiv darzustellen.
Hier geht es zur Studie.

Ich frage mich nur, was sind wir eigentlich für ein Volk? Warum lassen wir uns von Presse und Politik derart an der Nase herumführen, ohne aufzumucken? Warum lassen wir uns demütigen und drangsalieren und halten still? Diese Frage richte ich nicht nur an die Arbeitslosen, sondern an alle Arbeitnehmer und auch an alle Rentner. Wir lassen uns als Schmarotzer bezeichnen. Man wirft immer mehr Menschen vor, sie seien unqualifiziert, eine Einschätzung von Staatsbediensteten, die für ihre Aufgabe in den meisten Fällen wirklich nicht qualifiziert sind. Wir lassen uns als Betrüger diffamieren. Ist dieser Bevölkerung jeder Stolz abhanden gekommen?

Im Ausland sind Deutsche stets willkommen, denn sie kommen aus einem Land, wo Fleiß, innovatives Denken und Handeln und Präzision stets zu den Tugenden gezählt wurden. Und heute, wo eine verfehlte Politik und teils kriminelles Handeln einiger Bosse von Großkonzernen, unterstützt von so genannten Think Tanks (INSM, Bürgerkonvent, Bertelsmannstiftung u. a.) und Beratungsunternehmen wie Roland Berger oder McKinsey uns den Job geraubt haben, unsere Renten und Löhne am laufenden Band beschneiden, sich selbst aber ungeniert bedienen, werden wir als Kriminelle und Dumme hingestellt. Das ist nicht das Schlimmste. Schlimm ist, dass wir es zulassen und diese Leute auch noch wählen. Ich bin stolz auf mein Land, nicht aber auf seine Politiker und nicht auf sein Volk.

Gert Flegelskamp