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klinisch reiner Tatort!

Kundus: Strafanzeige wegen Strafvereitelung!

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Autor: bib   
Der Richter am Oberlandesgericht a.D. Dr. Helmut Kramer hat wegen Strafvereitelung im Amt Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Potsdam eingereicht. Gerne veröffentlichen wir diese Anzeige, die wir für mehr als überfällig halten.


DR. HELMUT KRAMER
Richter am Oberlandesgericht a.D.
D- 38302 Wolfenbüttel, Herrenbreite 18A,
Telefon 0 53 31 / 7 11 35, Telefax 0 53 31 / 40 30 60,
kramer(at)justizgeschichte-aktuell.de

An
STAATSANWALTSCHAFT Potsdam
Postfach 60 13 55
14413 Potsdam
pressestelle-sta-potsdam(at)t-online.de

Strafanzeige gegen Unbekannt
wegen Strafvereitelung im Amt (§ 258 a StGB)

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach den Regeln der Internationalen Schutztruppe ISAF hätte spätestens zwei Stunden nach dem Bombardement auf die Tanklastzüge bei Kundus am 4. September 2009 eine Bestandsaufnahme am Tatort durchgeführt werden müssen. Nach einem Bericht in der Wochenzeitung DIE ZEIT Nr. 52 v. 17. Dezember 2009 (Artikel „Das wahre Gesicht des Krieges“ von Matthias Geis und Jörg Lau) sind die Feldjäger aber erst am Mittag des 4. September – somit erst ungefähr 10 Stunden nach dem Bombardement – am Kundus-Fluß eingetroffen. In dem Bericht der Feldjäger vom 9. September 2009 heißt es: „Ereignisort ist nicht unverändert. Augenscheinlich keine Leichen / Verletzten mehr vor Ort. ‚Bombing-Area’ ist in Anbetracht des vermeintlichen Personenschadens nahezu ‚klinisch’ gereinigt“. Den Feldjägern bot sich „ein offensichtlich deutlich veränderter Ereignisort, der einen geradezu stark gereinigten Eindruck hinterlässt. Es sind nur noch minimalste Spuren von Humanmaterial zu finden“. Nur einige tote Esel und Hunde zeugten 10 Stunden nach dem Angriff noch von dem Inferno. Die Schlußfolgerung der ZEIT-Autoren: Jemand habe gründlich aufgeräumt, so dass die Möglichkeit vereitelt wurde, festzustellen, wie viele und welche Menschen umgekommen waren. Wahrscheinlich haben die Täter identifizierbare Leichen den inzwischen eingetroffenen Dorfbewohnern übergeben, soweit die Angehörigen die Leichen nicht schon zuvor entfernt hatten. Nicht mehr zuzuordnende Leichenteile haben sie möglicherweise anderweit entsorgt.

Aus dem so beschriebenen Sachverhalt ergibt sich zumindest der Anfangsverdacht, dass sowohl Angehörige des in diesem Zusammenhang neuerdings ins Blickfeld geratenen Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) als auch Oberst Klein und andere Bundeswehrvorgesetzte an dem verspäteten Beginn der Ermittlungen und an der Spurenverwischung beteiligt waren, um damit die Durchführung eines Strafverfahren und ein Disziplinarverfahrens gegen die für die Massentötung Verantwortlichen zu erschweren. An der Verwirklichung des Tatbestandes des § 258 a StGB dürfte kein Zweifel bestehen. Die Strafbarkeit würde nicht entfallen, wenn die Täter im Einvernehmen mit übergeordneten Dienststellen in Afghanistan oder in der Bundesrepublik gehandelt haben sollten.

Zwar gilt das deutsche Strafrecht (sowohl für Ausländer wie auch für Deutsche) mit Ausnahme der in §§ 4 – 7 StGB genannten Tatbestände nur für im deutschen Inland begangene Taten. Als Tatort gilt nach § 9 aber auch der Ort, an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg – im vorliegenden Fall die Vereitelung einer Strafverfolgung – eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte (§ 9 Abs. 1 StGB). Da sich die Tat gegen die deutschen Gerichten vorbehaltene Strafgewalt richtet, tritt der Erfolg einer Strafvereitelung stets im Inland ein (§ 9 Abs. 1 StGB), auch wenn die Tathandlungen selbst im Ausland begangen werden (BGHSt 44, 52). Im übrigen gilt nach § 7 Abs. 2 StGB das deutsche Strafrecht auch bei im Ausland begangenen Taten, wenn die Tat auch am ausländischen Tatort mit Strafe bedroht ist. Soweit ersichtlich, ist Strafvereitelung auch nach afghanischem Recht strafbar.

Nach dem Bericht in DER SPIEGEL Nr. 51 v. 14.12.2009 soll die unter dem Befehl des Oberst Klein stehende gesamte Aktion aus dem Befehlsstand der Bundeswehrsondertruppe „Task Force 47“ geführt worden sein. Somit müßten sich die Ermittlungen neben den Angehörigen der KSK auch auf die zur Task Force 47 abgeordneten Aufklärer der Bundeswehr erstrecken.

Ohne Ermittlung des näheren Sachverhalts läßt sich die Frage nach der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht beantworten. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Potsdam bei Ermittlungsverfahren gegen im Ausland eingesetzte Bundeswehrangehörige die sog. Eilkompetenz.

Die Behörde des Generalbundesanwalts dürfte in diesem Fall nicht zuständig sein, da der Tatbestand der Strafvereitelung nicht in den Regelungsbereich des Völkerstrafgesetzbuchs fällt. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Entschluß zu einer Spurenverwischung ein wesentliches Beweisanzeichen für das bereits bei der Entscheidung für das Bombardement vorhandene Unrechtsbewusstsein der für das Bombardement Verantwortlichen im Sinne eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1, Nr. 3 des Völkerstrafgesetzbuches darstellt. Da die Selbstbegünstigung eines Täters nicht tatbestandsmäßig ist, kommen als Täter vor allem Angehörige der Task Force 47 in Betracht. In Frage kommen ggf. auch die Mitglieder der Feldjägerabteilung, für den Fall, dass sie die Ermittlungen im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der von Oberst Klein ausgegebenen Weisung verzögert aufgenommen haben.

Ich bitte um Bestätigung des Eingangs dieser Strafanzeige.
Ferner bitte ich um Mitteilung des vorläufigen Aktenzeichens, sowie – nach weiterer Bearbeitung – um Angabe der Staatsanwaltschaft, an die das Verfahren ggf. abgegeben wird.

Mit freundlichem Gruß

Helmut Kramer

Links:
Justizgeschichte Aktuell

Archiv:
18.12.2009: gezielte Tötung?
17.12.2009: Mutti oder Kriegskanzlerin?
18.09.2009: Kriegsverbrechen in Kundus? - Strafanzeige gegen Klein und Jung!
13.09.2009: Das Massaker von Kundus - NATO: Oberst Klein verantwortlich!


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