Bundesweiter Aktionstag gegen Überwachung

#StopWatchingUs 26.07.2014

(2 Bewertungen, Mittelwert: 4.00 von 5)
Autor: bib   
Am Oberbayerischen BND-NSA-Schnüffel-Standort Bad Aibling fanden sich letzten Samstag etwa 250 Menschen mit Zivilcourage ein, um gegen die Überwachung und Bespitzelung der Bürger ein Zeichen zu setzen. Diesen Demonstranten gebührt der volle Respekt für ihr demokratisches Engagement, zumal die allermeisten von weit her extra nach Bad Aibling reisten.

Florian Ritter, SPD, MdL
Florian Ritter, SPD, MdL, Mitglied des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen und Stellvertr. Vorsitzender der Datenschutzkommission im Bayerischen Landtag sah bei der SPD sebstkritisch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Datenschutz und Bürgerrechte.

Katharina Nocun, Campact
Katharina Nocun, ehemalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, arbeitet heute für Campact und ist dort verantwortlich für die Kampagne "Schutz für Edwart Snowden in Deutschland". In ihrer Rede stellte fest, wer eine Regierung wie die BRD hat, der bracht keine Feinde mehr.

Nicole Britz, Piratenpartei
Nicole Britz, die Vorsitzende der bayerischen Piraten, warnte vor der weit verbreiteten Gleichgültigkeit vor Überwachung in der Bevölkerung. Darüber hinaus machte sie die Bundesregierung für die Mithilfe bei der Überwachung der Bürger durch staatliche Stellen und Geheimdienste verantwortlich.

die Isarschiffer
Das Duo "die Isarschiffer" sorgten mit dem Song "Da Lauscher an der Wand" für die richtige Einstimmung vor der historischen Kulisse des Antennenfeldes der Mangfall Kaserne, die sich erst kürzlich als BND-Filiale outete
Um 13:00 Uhr starteten die Veranstalter auf dem Aiblinger Marienplatz mit einer Kundgebung. Dort hielten Claudia Stamm, MdL Bündnis 90 / Die Grünen, Adelheid Rupp, Rechtsanwältin, SPD und Sepp Obermeier, Vorstand DIE LINKE KV Rosenheim Reden. Im Anschluss zogen die Demonstranten dann zum Antennenfeld der Mangfall Kaserne nach Mietraching. Vor den Radomen, die im Volksmund verharmlosend „Schwammerl“ genannt werden, fand die Abschlusskundgebung statt. Vor dieser historischen und überaus bedrohlichen Kulisse sprachen dann Florian Ritter, MdL SPD, Katharina Nocun von Campact und Nicole Britz, Vorstandsvorsitzende der Piratenpartei Bayern. zu den Demoteilnehmern. Die Veranstaltung endete gegen 16 Uhr.

Kommentar:
Erschreckende Gleichgültigkeit

Erschreckend ist, dass sich bei den restlichen bundesweiten Aktionen nicht recht viel mehr Bürger aufraffen konnten, als in Bad Aibling insgesamt. In Berlin beispielsweise fanden sich gerade einmal eine Hand voll Menschen, die auf dem Rasen vor dem Rechstag - zwischen Touristen und Picknickern - ihrem Unmut bezüglich der allgegenwärtigen NSA-BND-Massenüberwachung Luft machten. In Köln waren es zwar mit rund 150 couragierten Teilnehmern etwas mehr als in Berlin, aber für eine Großstadt auch eher eine enttäuschende Teilnehmerzahl.

Eine solche flächendeckende Gleichgültigkeit gegenüber der massenhaften Verletzung von Grund- und Persönlichkeitsrechten in der BRD ist geradezu eine Aufforderung an Regierungen und Politik, noch mehr Überwachung aufzubauen. Und diese Gleichgültigkeit gefährdet die ohnehin schwächelnde Demokratie in der Republik dieser Großen Koalition.

Ganz offensichtlich haben die Deutschen aus ihrer Geschichte nichts gelernt, denn wer in der Demokratie schläft, wird in der Diktatur erwachen. Die Epochen des 3.Reichs und der DDR scheinen völlig in Vergessenheit geraten zu sein. Die massenhafte Überwachung der Bürger ist aber eine ähnliche Gefahr für die Bevölkerung, wie Kernenergie. Beide sind unsichtbar sowie geruchlos, beide sind aber auch tödlich. Welches tödliche Potential wirklich dahinter steckt, wird und wurde immer zu spät erkannt. Erst nachdem die AKWs Tschernobyl und Fukushima in die Luft flogen, kamen die Menschen von der Couch herunter. Da war es allerdings dann schon zu spät und – wie im Fall Tschernobyl – halb Europa radioaktiv verseucht. Noch heute, knapp 30 Jahre nach dem SuperGAU in der Ukraine, sind unsere Pilze und unser Wild soweit radioaktiv verseucht, dass diese auf dem Sondermüll entsorgt werden müssen. Die unzähligen Krebs-Opfer in der Bevölkerung sind bis heute anonym geblieben und die verantwortlichen Regierungen waschen ihre Hände in Unschuld.

In eigener Sache:
Da wir keine kommerzielle Werbung betreiben, ehrenamtlich und unabhängig arbeiten, die technische Ausrüstung und der Betrieb jedoch Geld und Zeit kostet, bitten wir um Spenden. Benutzen sie bitte die Spenden-Buttons rechts unten.
Danke!

Wer, wie hier mit der flächendeckenden Massenüberwachung Unrecht erkennt und nichts dagegen unternimmt – egal ob aus Feigheit oder Unwissenheit - der duldet es und macht sich somit zum Mittäter. Nicht mehr, aber vorallem nicht weniger.

Die Gestapo, die geheime Staatspolizei, war maßgeblich für die Deportation von Juden und politisch Andersdenkenden verantwortlich. Damals wurde das Millionen von Menschen zum tödlichen Verhängnis. In der DDR – viele Teenager wissen heute nicht einmal mehr was das war - wurden politisch Andersdenkende vom Ministerium für Staatssicherheit, der sog. „Stasi“ massenhaft ausgespäht und unterdrückt. All dies scheint Vergessen und das ist wahrlich erschreckend.

Das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten war die Quintessenz aus den schmerzlichen Erfahrungen des 3.Reiches. Im Grundgesetz definieren dies die Artikel 73 und 87. Allerdings ist das Grundgesetzt selbst eines der Übel, das für die heutige Situation verantwortlich ist. Das haben die wenigsten Politiker verstanden oder, und das ist viel schlimmer, sie verschweigen es. Denn das Grundgesetz ist entgegen aller Behauptungen aus der Politik eben keine Verfassung. Das Grundgesetz FÜR die Bundesrepublik Deutschland ist Besatzerrecht. Die im Grundgesetz definierte Bundesrepublik Deutschland ist nicht einmal ein Staat im Sinne des Völkerrechts, sondern das vereinte Wirtschaftsgebiet der drei Westalliierten (Art.133) des zweiten Weltkrieges. Nach Artikel 120 GG haben die Deutschen die Kosten der Besatzung zu tragen. Nach Artikel 139 GG gelten die alliierten Vorbehaltsrechte bis heute unvermindert. Genau das ist der Grund dafür, dass die NSA seine Spionage auch auf „deutschem Boden“ ganz legal durchführen kann und die Regierung der BRD, die eigentlich nur die Geschäftsführung der Verwaltung des „vereinten Wirtschaftsgebietes“ darstellt, das zu dulden hat.

Die Verfassung eines vereinten Deutschlands, wie im 2+4-Vertrag beschrieben, gibt es bis heute nicht. Eine solche Verfassung wäre aber der oberste Auftrag für die Politik und nach Artikel 146 das Ziel des Grundgesetzes. Wer also behauptet, das Grundgesetz sei eine Verfassung, der behauptet wider besserem Wissen die Unwahrheit. Wenn es deutsche Verfassungen gibt, dann sind das die der Bundesländer, wie beispielsweise in Bayern die Bayerische Verfassung. Diese unterwirft sich allerdings wiederum dem Grundgesetz, was sie somit kastriert. Wer auf das Grundgesetzt baut oder gar stolz darauf ist, der hat es entweder noch nie gelesen oder nicht verstanden. Solange ein „vereintes Deutschland“ (nicht die BRD) also keine Verfassung gemäß Artikel 1 Absatz 4 des 2+4-Vertrages hat, solange ist es völkerrechtlich nicht existent und bleibt lediglich die Besatzungsverwaltung der drei Westalliierten gemäß Grundgesetz. Genau dieser Umstand ist das Dillema.

Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum die Regierung Merkel tut was sie tut (nämlich nichts) und warum nach über einem Jahr NSA-Affäre und mittlerweile unzähligen Enthüllungen durch Edward Snowden, das für niemanden Konsequenzen hatte. Der wohl unsicherste Ort auf dieser Welt für Ed Snowden ist nach den USA definitiv Deutschland, denn sollte Snowden zur Zeit in Berlin landen, so ist zu bezweifeln, dass er je im Berliner NSA-Untersuchungsausschuß ankommen wird. Und weil das die Merkelregierung weiß und weil ein solches Szenario dann der Öffentlichkeit aufzeigen würde, wie souverän die BRD wirklich ist, wird die Regierung Merkel eine Ladung Snowdens mit allen Kräften vereiteln. Dies wird auch dann geschehen, sollte das Bundesverfassungsgericht je eine Vorladung Snwowdes beschließen, denn dieses Gericht hat keinerlei Mittel zur Durchsetzung seiner Beschlüsse und Urteile gegenüber den Besatzern. Insofern ist Heinrich Heines Gedicht von 1844 „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“ aktueller denn je.

Impressionen aus Bad Aibling
Fotos: E.Buchner, B.Binder / Lizenz: CC BY-NC-3.0 DE, KraftZeitung.net

Archiv:
Über 20.000 gegen Überwachungswahn
Stop Watching Us Proteste gehen weiter - #idp13
#StopWatchingUs 27.07.2013 - Über 10.000 gegen Überwachungswahn
Proteste gegen PRISM und Tempora - Stop Watching Us - Regensburg
Überwachungsstaat für Dummies: PRISM - Jeder ist im Fadenkreuz!